Festgottesdienst in der St. Johanniskirche zu Waserthaleben Sonntag, den 26.09.2010

Liebe Gemeinde! Liebe Gäste!

Wir haben uns heute hier in der St. Johannes Kirche zu Wasserthaleben sehr zahlreich versammelt, um einen festlichen Gottesdienst miteinander zu feiern. Wir Wasserthalebener sind eine kleine Gemeinde und wir sind heute als Gastgeber in der Unterzahl. Zahlreiche Gäste aus allen Himmelsrichtungen und zum Teil von sehr weit her haben sich heute zu uns auf den Weg gemacht. Unter ihnen sind unsere Gäste aus der Partnergemeinde Schlat, ein Dorf in der Schwäbischen Alp, die uns schon viele Jahre lang besuchen und uns immer wieder in jeder möglichen Form unterstützen. Seit Freitag Abend sind die Schlater bei uns zu Gast und wir haben wieder ein Wochenende der gegenseitigen Begegnung miteinander verbracht.

Unter unseren Gästen haben sich ebenfalls heute in besonders großer Zahl die Nachfahren der Pfarrfamilie Zahn eingefunden. Von 1710 bis 1857 hatten vier Pfarrer der Familie Zahn hier in Wasserthaleben in ununterbrochener Folge die Pfarrstelle inne: Johannes Michael Zahn, Volkmar Christian Zahn, Johann Gottlieb Zahn und Friedrich August Zahn. Mir fällt auf, wie lang ein Pfarrer damals meist gewirkt hat- oft sein ganzes Leben lang- in fast 150 Jahren haben nur vier Pfarrer gewirkt- wie schnelllebig und veränderlich ist dagegen unsere heutige Zeit, wo die Pfarrer oft schon nach wenigen Jahren in die nächste Pfarrstelle wechseln.

150 Jahre lang lehrten die Pfarrer Zahn hier in Folge das Wort Gottes. Sie führten dabei kein einfaches Leben. Von den überaus zahlreichen Kindern dieser Pfarrer verstarben viele bereits im Kindesalter oder in jungen Jahren.
Die zahnsche Nachkommenschaft wirkt in zahlreichen gelehrten Berufen, u.a. auch im Pfarrerstand für lange Zeit und sie verbreitete sich segensreich in aller Welt, kann man sagen, so schon innerhalb von Deutschland, z.B. nach Sondershausen, Halle an der Saale, Erfurt, im Thüringer Wald, Dresden und viele weitere Standorte, aber auch in den USA und Südafrika. Am zuletzt genannten Standort, Südafrika zeichnet sich vor unseren Augen ein segensreiches soziales und missionarisches Schaffen bis zum heutigen Tage ab. Zurück geht dies alles auf Gustav Adolf Zahn, dem Sohn des Wasserthalebener Pfarrers Johann Gottlieb Zahn. Gustav Adolf Zahn erreicht früh der innere Ruf, Missionar zu werden, anfangs wird er nicht ernst genommen, doch dann ermöglicht ihm doch noch die Rheinische Mission in Barmen die notwendige Ausbildung. Anschließend sendete sie ihn nach Tulbagh am westlichen Kap in Südafrika. Er wirkt dort lehrend, lebensbegleitend und Werte vermittelnd unter den ihm anvertrauten Menschen. Ein Schwerpunkt war der Schulunterricht für die „Hottentotten“ und Sklaven in der Missionsschule. Nach Abschaffung der Sklaverei, kümmerte er sich um die freigelassenen Sklaven, die ohne Wohnsitz, Besitz, Arbeit und vor allem ohne Wurzeln umherzogen und erbaute die Siedlung Steinthal, wo sie ein Zuhause finden konnten. Bis in die Gegenwart hinein besteht am dortigen Standort ein Kinderheim für bedürftige Kinder, sowie eine Schule/ bzw. Berufsschule. Auch heute haben wir von diesem Zweig der Zahnschen Familie Gäste unter uns.

Dass unsere Kirche hier in Wasserthaleben in einem baulich recht guten Zustand ist, verdanken wir maßgeblich unseren Gästen- den Partnern aus Schlat sowie den Nachfahren der Pfarrfamilie Zahn, die damals in den 80 er Jahren die Kirche in einem bedauernswerten Zustand vorfanden. Im anschließenden großangelegten Bauvorhaben vor allem um Turm, Innenraum und Orgel haben sich unsere Gäste entscheidend beteiligt. Vielen herzlichen Dank sei schon einmal an dieser Stelle gesagt.

Die Familie Zahn ist im Besitz eines Familienwappens, dieses sehen Sie abgedruckt in dem Gottesdienst begleitenden Blättchen. Dieses Wappen geht zurück auf Johannes Michael Zahn, dem ersten Pfarrer der Zahns hier in Wasserthaleben. Er hatte das Kreuz in der Mitte des Wappens mit Christus versehen. Sein Enkel Franz Ludwig Zahn ersetzte diesen jedoch durch die ans Kreuz geschlagene Schlange. Das erfordert eine ausführliche Erklärung. Franz Ludwig bezieht sich auf den biblischen Text aus 4.Mose, welcher vorhin schon zu Gehör kam, auf jene Geschichte von der Aufrichtung der ehernen Schlange: Die Israeliten hatten auf ihrer Wanderung durch die Wüste wieder einmal jegliches Vertrauen verloren- in Gott und in den Gesandten Mose. Sie lehnten sich auf gegen Gott und Mose, machten Mose Vorwürfe, so schickt Gott ihnen, den Undankbaren, zur Strafe eine Schlangenplage, die vielen das Leben kostet. Doch Mose setzt sich wieder einmal für das Volk der Israeliten ein und bittet Gott für sein Volk. Gott erhört sein Gebet und lässt eine eherne Schlange herstellen und aufrichten. Wer sie ansah, blieb am Leben.

So wird die Schlange zum Symbol des Lebens, sie, die doch oft genug in der Bibel als der listige Gegenspieler des Menschen dargestellt wurde. In dieser Geschichte wird sie sozusagen zum rettenden Gegengift, um das Gift der anderen Schlangen unschädlich zu machen. Das mag fast magisch anmuten- der Blick auf die Schlange genügt, um das Gift im eigenen Körper unwirksam zu machen. Doch kein Zauber und kein Zauberer war hier am Werk, sondern Gott, der Allmächtige, der immer wieder auf wundersame Weise sein Volk vor dem Verderben errettet, auch während der harten Zeit in der Wüste, auf dem Weg in das Gelobte Land. Über diese Geschichte im vierten Buch Mose gelangen wir zu einer Parallelstelle im Johannesevangelium, die auch schon vorhin zu Gehör kam, die uns noch deutlicher zeigt, in welche Richtung die Deutung des Zahnschen Familienwappens durch Franz Ludwig gegangen sein kann.

Wir tauchen dort ein in die interessante Diskussion des Nikodemus mit Jesus. Nikodemus, einer der gelehrten Pharisäer besucht Jesus bei Nacht, so dringlich ist ihm eine Unterredung mit Jesus, er spürt, ja, er weiß, dass Jesus in einzigartiger Weise von Gott gesandt ist, denn niemand kann die Zeichen tun, die er tut. Jesus verstört Nikodemus, indem er ihn herunterzuholen versucht von seinen bisherigen Gedanken. Er erzählt ihm von der neuen Geburt des Menschen aus Wasser und Geist, die den Eintritt in das Reich Gottes möglich macht. Und er offenbart ihm seine Mission auf Erden, die mehr ist als nur den Menschen Gottes Willen zu lehren. Seine Mission endet in seiner Erhöhung am Kreuz. „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, dass ewige Leben haben.“ Hier wird für mich deutlich, welche Botschaft hinter dem Schlangensymbol des Wappens liegt, nämlich „Seht auf Christus, so werdet ihr leben!“ (so wie die Menschen in der Wüste auf die Schlange gesehen haben und leben durften). Seht auf Christus, und ihr werdet leben!- Dieses Sehen ist nun wieder von Johannes her mehr als rein sinnliches Hinsehen, sondern es hat etwas mit Vertrauen, ja mit Hingabe zu tun:

Johannes fasst das in dem Wort: Glauben,… damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. Der Glaube ist das einzige, was der Mensch „erbringen“ kann, aber nicht im Sinne einer Leistung, sondern im Sinne einer Daseinshaltung: „Ich vertraue mich Dir voll und ganz an“- den „Rest“, besser, das Eigentliche leistet Christus, der Menschensohn. Er führt uns zum Leben. Seht auf Christus, so werdet ihr Leben, das mag wie ein Schutzschild sein vor den Anfeindungen des Lebens und der Welt- so sehen wir das Kreuz mit der Schlange auf einem Schild im Familienwappen. Und jetzt kommen wir zu der griechischen Schrift die das Familienwappen der Zahns umkränzt. Dort heißt es „Mesitees Iesous moi Zan“. Die Anfangsbuchstaben MJMZ deuten auf den Gründer des Wappens Magister Johann Michael Zahn und in der Übersetzung des griechischen Textes tritt die Botschaft zu Tage: Der Mittler Jesus ist mir Leben. Damit wird alles Vorangegangene zusammengefasst. Der Mittler Jesus ist mir Leben. Jesus vermittelt zwischen Himmel und Erde, zwischen Geist und Fleisch, zwischen Reich Gottes und Reich dieser Welt, zwischen Gott und Mensch. Und das Ergebnis ist das Leben. Das Leben, welches weit hinaus geht über das biologische, veränderliche, unvollkommene und vergängliche Leben unserer irdischen Existenz.

Und an diesem dürfen wir alle teilhaben, ganz unanhängig, in welchen familiären Strukturen und Wurzeln wir zu Hause sind, diese Botschaft gilt ganz klar uns allen, die wir uns heute hier im Namen Jesu versammelt haben. So mag uns heute das Wappen der Familie Zahn noch mehr sein als ein Familienwappen. Es mag uns zu einem Zeichen der Begegnung werden von allen, die heute hier sind. Seine tiefgründige Botschaft führt uns das Zentrum der christlichen Heilsbotschaft vor Augen: Seht auf Christus, so werdet ihr Leben. Seht nicht immer nur auf die anderen, die angeblich alles besser machen. Seht nicht immer nur auf euch selber wie in einem Spiegel, sei es aus Zweifel oder aus Hochmut an euch. Lasst euch nicht verwirren von den zahllosen Eindrücken dieser Welt, sie lenken ab vom Eigentlichen. Verlasst euch nicht auf Dinge und Menschen, die von Natur aus unzuverlässig sind- sondern seht auf den Einen, seht auf Christus, so werdet ihr leben. Amen